Überaktive Nebenschilddrüsen als Knochenräuber
Warum vier Mini-Organe Osteoporose boosten und Gelenksschmerzen auslösen können.
Jede 4. Frau trifft’s nach der Menopause, rund 700.000 Österreicher/innen leiden insgesamt darunter: Osteoporose gilt als die größte Bedrohung für Gesundheit und Leben der reifen Frau. Denn die krankhaft schwindende Knochendichte beschert nicht nur sehr schmerzhafte Wirbelkörpereinbrüche in der Wirbelsäule, sondern macht auch viel anfälliger für gefährliche Knochenfrakturen. Auch Männer können betroffen sein!
Was die Überaktivität im Körper bewirkt
Zu den weniger bekannten „Turbos“ für Osteoporose zählt die oft jahrelang unentdeckte Überfunktion einer oder mehrerer der vier Nebenschilddrüsen. Dabei ruft das so genannte Parathormon permanent zuviel Kalzium aus den Knochen ab und leitet es ins Blut weiter. „Das Kalzium, das jetzt im Knochen fehlt, führt oft zu vorzeitiger Osteoporose oder verstärkt den bestehenden Knochenabbau. Gleichzeitig lagert sich aber das Zuviel an Kalzium im Blut zumeist schmerzhaft in Muskeln und Gelenken ab, was viele irrtümlicherweise auf Rheuma oder Arthrose tippen lässt“, warnt Prim. Dr. Peter Peichl MSc, Vorstand der Internen Abteilungen am Evangelischen Krankenhaus. Als Folge kann das auch bei Jüngeren zu vermehrt auftretenden Brüchen bis hin zur Deformierung von Knochen führen.
Wie es zur Überfunktion der Nebenschilddrüsen kommt
So schlimm die möglichen Folgen sind, sie gehen oft auf eine harmlose Ursache zurück: „Häufig ist es ein gutartiger Tumor (Adenom) in einer oder mehreren der nur erbsengroßen Nebenschilddrüsen, der die Überfunktion mit ihren Folgen auslöst oder aber einfach ein ausgeprägter Vitamin-D-Mangel“, erklärt Prim. Dr. Andreas Selberherr, Leiter der Abteilung für Allgemein- und Viszeralchirurgie am Evangelischen Krankenhaus.
So gründlich sollte untersucht werden
Gute erste Hinweise auf eine mögliche Überfunktion der Nebenschilddrüsen geben bereits ein detailliertes Blutbild sowie die Kalziumkonzentration im Urin. Zusätzlich ist auch eine Knochendichtemessung sowie eine Kontrolle der so genannten Mikroarchitektur, also der Horizontal- und Vertikalstruktur des Knochens, essentiell.
Behandlung richtet sich nach der Ursache
Schilddrüsenchirurg Andreas Selberherr: „Liegt ein gutartiger Tumor an der Nebenschilddrüse vor, ist dessen chirurgische Entfernung die zielführendste Behandlung. Der wenig belastende Eingriff verhindert, dass die überfunktionierende Nebenschilddrüse weiterhin den Knochenschwund beschleunigt.“ Bereits bstehende Osteoporose kann mit den heute gängigen Therapien mit Bisphosphonate oder Denosumab gut eingebremst werden. „Ist auch die vorhin erwähnte Mikroarchitektur des Knochens gestört, muss auch diese positiv beeinflusst werden, etwa durch ergänzende Therapien mit Parathormon, Denosumab oder Romosozumab“, erläutert Internist und Osteologe Peter Peichl.
Geht die überaktive Nebenschilddrüse auf einen massiven Vitamin D-Mangel zurück, kann dieser durch Tabletten oder Tropfen und durch besonders kalzium- und Vitamin D-reiche Ernährung ausgeglichen werden. Dazu zählen etwa Fisolen, Linsen, weiße Bohnen oder Sojabohnen, weiters Brokkoli, Spinat oder Kohl und natürlich alle Milchprodukte. Viel Vitamin D nimmt man auch mit Fischen wie Lachs, Makrele oder Hering auf.

Prim. Dr. Andreas Selberherr
Allgemein und Viszerlchirurg,
Endokrine Chirurgie, insbesondere Schilddrüsenchirurgie
www.chirurgie-selberherr.at

ÄD Prim. Priv.-Doz. Dr. Peter Peichl
Facharzt für Rheumatologie, Geriatrie & Arbeitsmedizin
Ärztlicher Direktor
www.peichl-peter.at